HISTORISCHE ENTWICKLUNG
SCHWARZPULVER

Niger Berchtholdus Die Entwicklung der Pyrotechnik ("Kunst vom Feuer") wurde mit der Erfindung von Schwarzpulver eingeleitet. Schwarzpulver, Grundlage für jedes Feuerwerk, wurde höchstwahrscheinlich vor mehr als tausend Jahren durch Zufall im fernen Osten entdeckt - vermutlich in Indien früher als in China. Aus dieser Zeit existieren keine Dokumente, deshalb kommen auch Araber und Griechen/Byzantiner als Erfinder in Frage. Letzteren soll schon um 670 n.C. das "Greek Fire" bekannt gewesen sein - ein Gemisch aus Salpeter, Ölen und Schwefel, das ausschließlich für kriegerische Zwecke eingesetzt wurde und als Vorläufer des Schwarzpulvers gilt.
Erstmals soll Marcus Graecus in seinem Buch "Liber ignium ad comburendos hostes" das Greek Fire und ein dem Schwarzpulver ähnliches Gemisch im 8. Jahrhundert erwähnt haben. Gesichert sind die Aufzeichnungen des englischen Mönches Roger Bacon "Opus Majus" (ca. 1242), in denen er ein Gemisch aus Salpeter, Holzkohle und Schwefel und dessen Verwendung für Knallkörper beschreibt. Die Legende um den Franziskaner-Mönch Berthold Schwarz aus Freiburg reicht ungefähr in das Jahr 1380 zurück: Constantin Anklitzen nahm beim Eintritt in das Kloster den Namen Berchthold an, den Beinamen Schwarz erhielt er aufgrund seines Interesses an Alchemie und Schwarzer Magie (er galt als "Nigromantikus"). Auch er soll zufällig das Schwarzpulver erfunden und anschließend mit Feuerwaffen experimentiert haben. Die Existenz von "Niger Berchtholdus" ist nicht zu beweisen, weil alle Aufzeichnungen des freiburgischen Klosters kurz vor der Reformation zerstört wurden. Sicher ist, daß Freiburg im 14. und 15. Jahrhundert ein Zentrum in der Entwicklung von Feuerwaffen und Ausbildung von Kanonieren war (Deutsches Feuerwerksbuch, 1420). Zuvor jedoch sollen schon unter König Alphonsus XI. von Spanien aus Mörsern verschossene Eisenkugeln mit explosivem Inhalt bei der Belagerung Castilliens durch die Mauren im Jahr 1331 (1348?) eingesetzt worden sein.

CHINA UND INDIEN

Schwarzpulver wurde in China anfänglich ausschließlich friedlich genutzt. Die ersten Feuerwerkskörper waren mit Brandsätzen gefüllte Bambusstöcke, die bei der Entzündung explodierten oder über den Boden huschten. Später kamen Raketen aus Bambus oder mit gerollten Papierhülsen hinzu. Die Feuerwerkskörper sollten damals wie heute Geister vertreiben oder wurden aus reinem Vergnügen bei Festlichkeiten abgebrannt. In einer chinesischen Enzyclopädie berichtet Fang I Chih 1630 von frühen "Feuerbäumen" und "Silberbäumen" in der Tang-Dynastie (7. bis 10. Jahrhundert), denen Schwarzpulver zugrunde gelegen haben soll. Durch Zusatz von grober Kohle und Eisenspänen wurden länger glühende Funken, durch Realgar brillant brennende Flammen erzeugt. Dies waren vermutlich Vorläufer der ersten großen Feuerwerke in China, von denen im 17. und 18. Jahrhundert zahlreiche europäische Reisende berichteten. Allgemein wird davon ausgegangen, daß die Feuerwerkerei in China über viele Jahrhunderte nahezu unverändert blieb. Die ersten Kanonen kamen vermutlich erst um 1520 auf portugiesischen oder holländischen Schiffen nach China.
In Indien wurden schon sehr früh Raketen für Kriegszwecke eingesetzt. Es existieren aber auch Berichte über große Feuerwerke im 15. und 16. Jahrhundert, in denen Raketen und funkensprühende Feuerwerkskörper der Belustigung dienten.

EUROPA

Feuerwerkerei, Zeughaus Berlin Die Kenntnis über die Feuerwerkskörper-Herstellung kam vermutlich aus dem fernen Osten nach Europa. Feuerwerke zu religiösen Anlässen oder für Vergnügungszwecke wurden schon vor 1500 in Italien abgebrannt, die Zentren der Feuerwerkskörper-Produktion waren Florenz und Bologna. In England gab es nur selten Feuerwerke vor dem 17. Jahrhundert. Das erste große Feuerwerk ist anläßlich des Geburtstages Queen Elizabeths I. auf Schloß Warwick für das Jahr 1572 verbrieft. Die Königin soll derart Gefallen an dem Spektakel gefunden haben, daß fortan viele Feuerwerke in England stattfanden. Shakespeare verwendete häufig den Begriff "fireworks" in seinen Stücken. Aus dieser Zeit stammt auch der "Green Man", der mit funkensprühenden Stöcken an der Spitze von Prozessionen ging. Seinen Namen hatte er von frischem, grünen Laub, das er zum Schutz vor Funken auf seiner Kleidung trug. Für die frühen Feuerwerke in England waren vor allem italienische und französische Feuerwerker verantwortlich, die im 17. Jahrhundert als Meister ihres Faches galten. Besonders hervorzuheben ist die Ruggieri-Familie aus Bologna, die alljährliche Feuerwerke im "Italian Style" zum St. Johannes Fest in Florenz und zu Ehren von St. Peter und Paul in Rom ausrichtete. Die Betonung solcher Veranstaltungen lag dabei nicht auf dem Feuerwerk selbst, sondern auf mühsam entworfenen und gebauten Strukturen, auf denen einige Feuerwerkskörper befestigt waren. Die Strukturen ("Temples" und "Machines") stellten Schlösser, Tempel und klassische Bauwerke dar und wurden mittels der Effekte von außen und innen illuminiert. Erst später begann auch das englische Militär mit der Herstellung von Feuerwerkskörpern. Barock
Neben dem oben beschriebenen Feuerwerken im "Italian Style" gab es z.B. auch in Nürnberg Feuerwerksexperten (Hoch, Müller, Clarmer, Miller), die mit ihrem "Northern Style" mit den Meistern in Florenz und Bologna wetteiferten. Auch sie verwendeten Strukturen von Bauwerken und Landschaften. Diese waren jedoch weniger komplex als die der Italiener und eine sehr viel größere Anzahl von Feuerwerkskörpern wurden in engen Reihen auf dem Abbrennplatz angeordnet. Vor dem Feuerwerk konnten sie von jedermann bewundert werden. Solche Feuerwerke wurden z.B. in Stockholm, Paris, Versailles und London abgebrannt. Später vermischten sich die beiden Schulen des europäischen Feuerwerks. Machines wurden dann aus Holzgerüsten zusammengesetzt, mit Papier und Papp-Mâché verkleidet und mit zahlreichen Funken- und Stern-Effekten bestückt. Zusätzlich wurden Feuerwerkskörper vor und hinter den Kulissen aufgestellt.
Anzahl und Größe der Feuerwerke in Europa nahmen im Barock und Rokoko (ca. 1600-1770) stark zu. Besonders die französischen Könige Louis XIV. und XV. veranstalteten prunkvolle Feuerwerke zu Geburtstagen, Hochzeiten und sonstigen Anlässen. Auch Friedensverträge galten als legitimer Anlaß für teure Feuerwerke. 1735 waren die Ruggieris nach Frankreich gekommen und fortan verantwortlich für viele große Feuerwerke in europäischen Hauptstädten. Zur Feier anläßlich des Friedens von Aachen in London's Green Park am 26. April 1749 sollte das größte und mit £14.500 teuerste Feuerwerk aller Zeiten abgebrannt werden. Zu diesem Zweck wurden die Ruggieris und andere namenhafte italienische Feuerwerker angefordert. Allein für die riesigen Temples und Machines waren sechs Monate Vorbereitungszeit nötig. Georg Friedrich Händel wurde mit der "Feuerwerksmusik" beauftragt. Leider führte ein Streit zwischen englischen und italienischen Feuerwerkern zu einer gewaltigen Explosion, die den Nord-Pavillon völlig zerstörte. Nachdem die Flammen unter Kontrolle waren, wurde auf Anweisung König Georgs II. das restliche Feuerwerk abgebrannt. Dies war jedoch eher unspektakulär und wurde zum Teil mit Gelächter bedacht - es blieb für lange Zeit das letzte große Feuerwerk in England.

Darstellung eines Feuerwerkers, 1695 Bis Ende des 18. Jahrhunderts warfen Feuerwerkskörper fast ausschließlich goldene Funken aus oder brannten mit orangegelber Farbe ab. Lediglich die intensiven Versuche der Ruggieris brachten durch den Zusatz von Kupfer- und Ammoniumsalzen mehr Abwechslung und Brillanz.
Der Fortschritt der Naturwissenschaften und ein verbessertes chemisches Verständnis sowie zuvor unbekannte Materialien bereicherten ab dem beginnenden 19. Jahrhundert die Pyrotechnik um zahlreiche Effekte. Zwar wurde Kaliumchlorat schon 1786 von Berthollet entdeckt, jedoch anfänglich mit katastrophalen Folgen als Ersatz für das Nitrat in Schwarzpulver getestet. Erst ca. 1830 wurde es zusammen mit anderen Metallsalzen für rote, grüne und blaue Farben verwendet. Magnesium wurde erstmals 1865, Aluminium 1894 eingesetzt. Beide Metalle erhöhten die Brillanz pyrotechnischer Sätze erheblich. Die verstärkte Forschung führte auch zu Fortschritten in den Herstellungsmethoden. Die ersten Bomben wurden 1812 von den Ruggieris beschrieben, später waren Kaliber bis 8, 12 oder sogar 16 Zoll möglich. In diesem Zusammenhang soll die Firma Brock's Fireworks aus Großbritannien nicht unerwähnt bleiben, die viel zur Entwicklung und Verbesserung der Pyrotechnik beisteuerte. 1700 von John Brock gegründet, war die Firma besonders zwischen 1865 und 1936 wegen ihrer spektakulären Feuerwerke am Crystal Palace und bei anderen weltweiten Veranstaltungen bekannt.
Trotz des verbesserten Höhenfeuerwerks blieben auch im 18. und 19. Jahrhundert stationäre Lichterbilder und Strukturen, teilweise bis zu einer Größe von 180x30m, Hauptbestandteil der Feuerwerke. Sie stellten meist Ereignisse der Weltgeschichte, wie z.B. den Vesuvausbruch oder die Schlacht von Trafalgar oder Portraits von Königen dar. Riesige Sonnen und Funken-Cascaden waren ebenfalls weit verbreitet.

JAPAN

Feuerwerk ist in Japan vermutlich seit dem 16. Jahrhundert bekannt. Das Wort Hanabi bedeutet soviel wie "Blumen aus Feuer" ('hana' = Blumen, 'bi' = Feuer') und wurde erstmals 1585 schriftlich erwähnt. Das erste überlieferte Feuerwerk organisierte ein Bote des englischen Königs James I. 1613 für Ieyasu Tokugawa, den Begründer der Tokugawa-Regierung. Es ist jedoch nicht sicher, ob die Feuerwerkskörper (hauptsächlich Fontänen) aus England stammten oder in China hergestellt worden waren. Von dem berühmten Feuerwerker Kagiya ist bekannt, daß er 1659 seine Arbeit in Edo nahe Tokio begann. Von 1733 bis 1961 und erneut ab 1979 wurde dort nahezu jährlich das sehr große Feuerwerk am Sumida-Fluß abgebrannt. Die bekannteste Feuerwerksfirma in Japan ist Marutamaya. Sie wurde schon 1613 gegründet und schießt noch heute weltweit Feuerwerke zu besonderen Anlässen.
Bomben sind in Japan schon seit der Tokugawa (Edo) Zeit bekannt. Weil sich der pyrotechnische Inhalt japanischer Feuerwerkskörper damals ausschließlich auf Schwarzpulver-Brandsätze (Kohlefunken) beschränkte, versuchten die Edo-Feuerwerker durch verschiedene Formen Abwechslung in die Feuerwerke zu bringen. Dies ist der Ursprung der noch heute bekannten Figurenbomben. Durch die Einführung von Chloraten aus Europa sind auch in Japan farbige Flammen seit 1880 möglich. Der Feuerwerker Gisaku Aoki baute und zündete die erste 'double petalled' Chrysantheme 1926, zwei Jahre später überraschte er das Publikum mit einer 'double-petalled with pistil' Chrysantheme. Seit diesem Zeitpunkt sind 'multi-petalled' Warimono-Bomben das Aushängeschild japanischen Feuerwerks.